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Alt 02-03-2010, 20:59
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Tiberium Wars: Ein Neustart, der eine große Chance bedeutete (2006 - 2008)

Auf der Games Convention im Sommer 2006 in Leipzig hatten ich und viele andere eingeladene C&C-Spieler das erste Mal die Möglichkeit, TW aus der Nähe zu betrachten und mit einigen Entwicklern ins Gespräch zu kommen. Bei dieser Gelegenheit entschuldigte sich Mike Verdu, Executive Producer von Tiberium Wars, vor den versammelten Fans für Fehler in der Vergangenheit und explizit für das nie erschienene Ladder Kit. Insgesamt sollte mit dem neuen Teil der Tiberium Saga nun alles besser werden. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde das Konzept des EA Live Teams beworben, mit der Aufgabenstellung, Support für alle C&C-Spiele ab Generals zu leisten. Als geplante Arbeitsaufnahme wurde der Zeitraum rund um den TW-Release ausgegeben. Auch sollte der dritte Tiberium-Teil spieltechnisch wieder an die alten Traditionen anknüpfen und mit dem Slogan „RTS as a Sport“ die hohe Bedeutung und der angestrebte Charakter des Multiplayers herausgestellt werden.

Dieser Tenor war auf dem Community Summit im Dezember 2006 bei EALA unverändert zu vernehmen, an welchem ich ebenfalls teilnahm. Unter anderem gab es hierbei eine „RTS as a Sport“ Präsentation, bei der die großen Pläne für den Multiplayer konkretisiert wurden. Auf die Aussage, dass GameSpy erneut die Online-Plattform stellen würde, erfolgte übrigens lautes, enttäuschtes, kollektives Stöhnen in der Runde. Hierbei wurde aber sofort beschwichtigt, mit dem Argument: „Wir müssen es richtig machen, es sind nicht die Fehler von GameSpy“.

Aufgrund der Tatsache, dass seit dem Erscheinen von CCG/ZH schon mehrere Jahre verstrichen waren und man der Community über mehrere Monate hinweg glaubhaft einen Tapetenwechsel versprochen hatte, war die Vorfreude auf das Spiel sehr groß. Bereits kurz nach Release wurde aber schon vielen bewusst, dass dieser Hype nicht berechtigt gewesen sein konnte. Während der Singleplayer ein einigermaßen akzeptables Niveau erreichte, konnte das Spiel im Multiplayer nicht überzeugen und verfehlte damit die hochgesteckten Ziele.



Hierfür lassen sich unter anderem folgende Ursachen anführen:
  • Die versprochenen Multiplayerfeatures, wie z.B. Laddersystem, Clansupport, Battlecast-System, mit denen monatelang geworben wurde, befinden sich bis heute in einem schlechten Zustand. Die vielen Verbesserungsvorschläge, die seit dem Community Summit 2006 gegeben wurden, nahmen auf die Entwicklung keinen nennenswerten Einfluss.
  • Auch in Sachen Bugs war das Spiel wieder in einer inakzeptablen Verfassung. So brauchte es z.B. mehrere Patches, bis die Fraktion Scrin überhaupt spielbar war, da deren Sammler nicht korrekt funktionierten.
  • Das Spielprinzip wirkt bis heute nicht zu Ende gedacht. So wurden z.B. mehrmals massive Veränderungen an grundlegenden Spielmechaniken wie der Economy oder dem Bauradius vorgenommen. Die letzten sogar noch beim Add-On Kane’s Wrath. Und das, obwohl bereits während des Community Summit 2006 z.B. auf die Economy-Problematik hingewiesen wurde. Auch sonst beinhaltete das Game sehr viele „Luck-Elemente“ und Taktiken, wie z.B. Bo-Poker, den Engi-Rush oder massives Towern, welche den Spielspaß eintrübten. Und dass im WCG-Finale 2007 von beiden Finalisten genau eine Einheit gespamed wurde, nämlich der Seeker, spricht Bände.
  • Der weiterführende Support machte zunächst große Hoffnungen. Leider stellte sich sehr schnell heraus, dass die gerade anfangs quantitativ sehr große Anzahl an Patches qualitativ den vorhandenen Problemen nicht gerecht werden konnte. Der versprochene 1.10 Patch für Tiberium Wars ist nie erschienen. Auch der Kane’s Wrath Patch 1.03, für den sogar offiziell von der Community Feedback gesammelt wurde, ist in der Versenkung verschwunden (offizielle Feedback-Sammlung für KW 1.03).

WCG-Finale 2007
How C&C3 is supposed to be played

Randbemerkungen:
  1. Das EA-Live-Team startete seine Arbeit mit dem Patch 1.02 für Kane’s Wrath.
  2. Kane’s Wrath wurde in weiten Teilen nicht von EALA produziert, sondern outgesourced an BreakAway Games.


Kane's Wrath, Red Alert 3 und der Shooter Tiberium: Electronic Arts rast mit Vollgas gegen die Wand (2008 - 2009)

Man traute seinen Augen kaum, als man zu lesen bekam, dass mit Kane’s Wrath bereits ein Beta-Key für Red Alert 3 mitgeliefert werden sollte. Schon wieder ein neues C&C? Im Prinzip war damals bereits das Todesurteil für das anstehende TW-Add-On unterschrieben, bevor es überhaupt im Laden stand. Denn welche langfristige Perspektive kann ein Spiel haben, dessen Nachfolger schon einige Monate später die Fans „beglücken“ soll? Man kaufte quasi die Katze im Sack.



Red Alert 3 habe ich nicht intensiv genug gespielt, um mir fundamental tiefgehende Urteile über das GamePlay erlauben zu können. Nichtsdestotrotz haben die Kommentare und Diskussionen in der Community gezeigt, dass das Spiel im Wesentlichen an den gleichen Problemen wie seine bereits oben behandelten Vorgänger gelitten hat. Häufig konnte man lesen, dass der übertriebene Anime-Stil und das starke Abweichen von den Spielmechaniken im Vergleich zu RA2 kritisiert wurde. Auch die notwendige Online-Aktivierung war immer wieder ein Punkt des Anstoßes.

Die Multiplayeroberfläche hatte sich im Vergleich zu TW/KW übrigens wieder verschlechtert. So ist es z.B. bis heute nicht möglich, mit mehr als einer Person einen privaten Chat zu führen. Und die Tatsache, dass der World Builder erst ca. zwei Monate nach Release zur Verfügung stand, ist auch erwähnenswert. Dass das Add-On Uprising nur für den Singleplayermodus entwickelt wurde und der Vertrieb anfangs ausschließlich online erfolgte, wird vielen Fans ebenfalls aufgestoßen sein, dürfte aber mit den niedrigen Erfolgserwartungen zu tun haben, die diesem Produkt im Vorfeld beigemessen wurden. Von einem neuen Patch, der von der aktiven Community vehement eingefordert wird, ist nichts mehr zu hören.

Eigentlich hätte im Jahr 2008 auch noch der Shooter Tiberium erscheinen sollen. Doch kurioser Weise trat genau das ein, was keiner für möglich gehalten hatte: EALA brach die Entwicklung eines Spiels aufgrund mangelnder Qualität ab. Hier ein original Zitat (Quelle):
Zitat:
Zitat von PC Games
“EA hat die Arbeiten mit sofortiger Wirkung eingestellt", so Mariam Sughayer, Sprecherin von Electronic Arts. "Das Spiel war nicht auf dem Weg, die hohen Qualitätsstandards des Teams und des EA Games Labels zu erfüllen. Ein qualitativ schlechteres Spiel ist nicht im Sinne des Käufers und verspricht nur wenig Erfolg am Markt." Weiter sagt sie: "Die Entscheidung resultiert in Entlassungen. EA wird jedoch alles nur Mögliche unternehmen, die talentierten Mitarbeiter in anderen Projekten unterzubringen.“
Kluge Worte, diese Begründung ist absolut nachvollziehbar, klingt in den Ohren eines langjährigen C&C-Spielers jedoch wie Hohn. Letztenendes ist doch die Frage zu stellen, wie hoch genau diese Qualitätsstandards bei EA wirklich angesetzt werden, also ab wann ein Spiel nicht auf den Kunden losgelassen werden darf? Verfolgt man die Debatte rund um Tiberium weiter, so geben sich übrigens große Verwerfungen auf. Man lese z.B. die Kommentare dieses Artikels auf GamaSutra.



Tiberian Twillight: Das Verkennen von Problemen und ein möglicher Todesstoß für die gesamte Spieleserie (2009 - 2010)

Glaubt man den Äußerungen von (ehemaligen) EA-Mitarbeitern, so sind die Verkaufszahlen von Red Alert 3 sehr schlecht ausgefallen und deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Die Spielezeitschrift GameStar spricht in einem relativ kritischen Artikel über C&C4 alleine für Deutschland (einem sehr wichtigen Markt für C&C) von einem Verkaufsrückgang von rund 50% im Vergleich zu Tiberium Wars. Tiberian Twillight ist nun das Ergebnis aus diesem schlechten Abschneiden. Die Verantwortlichen bei EALA waren der Auffassung, dass das alte RTS-Modell nicht mehr tragen würde und man auf aktuelle Trends aufspringen müsse. So interpretiere ich jedenfalls meine Erfahrungen auf der Command Com im Sommer letzten Jahres (Blog zur Command Com).

Diese Schlussfolgerung seitens EA ist grundlegend falsch und verkennt die tatsächlichen Probleme, welche offensichtlich werden, wenn man die letzten Jahre Revue passieren lässt. C&C wurde über diese ganze Zeit hinweg sukzessive kaputt gemacht. Mit jedem neuen Spiel, das weit hinter den Erwartungen zurück geblieben ist, wurde die Enttäuschung größer und das Interesse geringer. Weiterhin ist der Markt schnell gesättigt. Man kann nicht jedes Jahr ein neues C&C-Spiel veröffentlichen und schon gar nicht erst mehrere. Dies beeinträchtigt die Qualität der Produkte und steht den Interessen der Mehrheit der RTS-Spieler entgegen. Denn diese wollen vor allem eines: Ein hochwertiges Game, das sie fesselt und welches nicht nach 3 Monaten wieder in ihrem Schrank verschwindet. Letztlich wurde es über die letzten Jahre also versäumt, Kundenbindung zu betreiben. Hinter dem zunehmenden Misserfolg steckt ein Prozess, welcher wiederum zurückzuführen ist auf eine falsche Unternehmensstrategie, die voll auf Kurzfristigkeit setzt und seit Generals praktiziert wird.

C&C4 kann also nicht die Lösung der Probleme sein. Ganz im Gegenteil, das Spiel verschärft sie sogar noch und zwar nicht nur aufgrund des Wiederholens altbekannter Fehler. Während man bei Tiberium Wars „RTS as a Sport“ als Maßgabe formuliert hatte, entzieht man Tiberian Twillight nun absichtlich ein großes Maß an Spieltiefe und damit auch an Langzeitmotivation. Kommentare von Entwicklern, wie "Schnelligkeit soll nicht mehr so stark belohnt werden." oder "Unsere Probanden hatten Probleme damit, einen zweiten Sammler zu bauen.", sind Programm. Weiterhin beweist man mangelndes Fingerspitzengefühl, indem man gerade im Tiberium-Universum und dann auch noch bei dem letzten Teil der Kane-Saga einen solchen Kahlschlag vollzieht. Damit werden viele treue Fans vor den Kopf gestoßen und der Wiederkennungswert der Marke verwässert. Wofür steht C&C noch? Und auf die Gefahr hin, dass ich mit dieser Meinung in den Augen von so manch (rarem) C&C4-Begeistertem komplett falsch liege, so sollte sich dieser eines vor Augen führen: Selbst wenn das Konzept von Tiberian Twillight deiner Meinung nach noch so toll und vielversprechend ist, es wird aufgrund der Unternehmensstrategie von EA keine Zukunft haben. Das Spiel wird – trotz einer Beta – in einem problematischen Zustand auf den Markt kommen und der Support mau ausfallen.
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