Teil 1 des 2.Berichtes:
Ja, es ist Zeit. Zeit, um Zeit haben, Zeit, um in Ruhe zurück zu schauen und nach vorne. Zeit, den Ball mal ein wenig flach zu halten. Aber Letzteres wäre ja langweilig. Und wenn alle Welt schon seinen Senf zur EM dazu gibt, auch so ausgewiesene Fußballexperten wie Otto Schily oder Angela Merkel, dann darf ich ja wohl auch mal.
Es war eine schöne EM. Sie hat Spaß gemacht. Also mir zumindest. Etwas anderes hatte ich eigentlich auch nicht erwartet. Oder hat hier ernsthaft jemand mit einem Erfolg der deutschen Nationalmannschaft gerechnet? Wie gesagt: ernsthaft? Dessen Hirn kann dann eigentlich nur von der allgegenwärtigen Propaganda-Maschinerie der Medien vor dem Turnier vernebelt worden sein. Mit dieser Mannschaft war nix zu holen. Was eigentlich schade ist, denn die anderen waren ja teilweise auch nicht besser. Aber der Reihe nach:
Bulgarien: die Prügelknaben. Das beste 0:5 aller Zeiten in einem EM-Turnier. Aber das war sicherlich nicht die Art von Lob, die man in Sofia und Umgebung erwartet hatte. Es bleibt dabei: bei großen Turnieren reißen diese Schönspieler nie etwas. Ausnahme: 1994, als wir aus lauter Mitleid Häßler gegen Letchkov zum Kopfball stellten.
Russland: unter Wert geschlagen. Wunderbar, wie Aleinitchev im ersten Spiel die komplette Abwehr von Real Madrid, sicherlich eine dreistellige Millionen-Ablösesumme wert, aussehen ließ wie dumme Schuljungs. Hätte ein Tor verdient gehabt, und wer weiß, wie es dann gelaufen wäre. Nur schade, dass die den Mostowoj dabei hatten. Der hatte wohl vergessen, dass Fußball ein Laufspiel sein kann. Woraufhin ihm doch schon nach dem ersten Spiel auffiel, dass die Vorbereitung Schuld sei. Woraufhin seinem Trainer auffiel, dass man dem Rentner doch schon mal vorzeitigen Sommer-Urlaub gewähren könnte. Recht so. So schlappe Ausreden verdienen bei uns noch nicht mal das fragende Hochziehen einer Augenbraue. Wenn ich da allein an Berti Vogts 1998 denke, der das WM-Aus gegen Kroatien auf eine Anweisung der FIFA zurück führte...
Gegen Portugal wurden sie vom Schiri verschaukelt, gegen Griechenland drehten sie noch mal ordentlich auf, hätten auch 5:1 gewinnen können. Dann wären uns aber noch einige lustige Spiele der Ottokraten entgangen. Deshalb: raus mit Applaus!
Lettland: eine tapfere Truppe mit sehr sympathischen Fans, die ich ja live vor Ort erleben durfte. Nur: ein Klasse-Spieler mit Maris Verpakovskis reicht eben noch nicht. Außer gegen Deutschland natürlich.
Schweiz: wenigstens sehr unterhaltsam. Zwei Platzverweise und eine Sperre wegen Rotzens, das Ganze in drei Spielen – rekordverdächtig. Dazu noch die gelungenen Einlagen von Torhüter Stiel, die jedem, der sich nur für solche Turniere und nicht für die Bundesliga interessiert, schlagartig klar machten, warum Borussia Mönchengladbach zuletzt immer schön gegen den Abstieg spielte. In der Bundesliga werde ich ihn wirklich vermissen, die Schweizer auf internationalem Parkett hingegen nicht so sehr.
Kroatien: mal wieder voll auf die Socken. Also auf die der anderen. Man war aber unfair den Kroaten gegenüber, da schon im ersten Spiel ihre gesamte Turniertaktik über den Haufen geworfen wurde: da dachten sie, sie könnten sich wie immer durchs Turnier schwalben, wenn vorne wie immer nicht so viel ging – aber der Schiri im Spiel Schweiz-Kroatien zeigte gleich zwei Spielern Gelb dafür, und damit waren sie erledigt. Immerhin: Trainer Otto Baric schloss sich nicht dem bei der EM weit verbreiteten Usus des Spuckens an, obwohl man das bei ihm als Trainer von Austria Salzburg noch ganz anders in Erinnerung hatte. Ein netter Charakterzug, der die Kroaten aber auch nicht vor dem verdienten Ausscheiden in der Vorrunde bewahren konnte.
Spanien: ja, was soll man über die noch sagen? Wieder mal in der Vorrunde raus. Nachdem man bei den letzten Weltmeisterschaften noch an so namhaften Gegnern wie Südkorea oder Paraguay gescheitert war, waren es diesmal die nicht minder namhaften Griechen, das Unentschieden gegen Ottos Mannen brach ihnen das Genick. Dafür, dass die immer noch eine der teuersten Ligen der Welt haben (in der ja auch alle spanischen Nationalspieler spielen), immer wieder aufs Neue ein Armutszeugnis. Die können froh sein, dass Gott-hab-ihn-selig-und-rücke-ihn-nie-wieder-raus Jesus Gil y Gil zu Lebzeiten nicht mal Präsident des spanischen Fußballverbandes war. Sonst hätte sich der ein oder andere spanische Nationalspieler mal was durch den Kopf gehen lassen – so in etwa Kaliber 9 mm. Bitte nicht mich für diese Geschmacklosigkeit verantwortlich machen, Gil wollte noch in der letzten Saison nach einem verlorenen Spiel die Spieler seiner Vereins-Mannschaft in Reih und Glied aufstellen und mit dem MG ummähen – und was so seriöse Menschen wie Präsidenten eines Fußballvereins sagen, sollte man doch Ernst nehmen, oder? Dafür tragen sie doch schließlich immer so hübsche Krawatten.
Aber Herr Gil ist ja nicht mehr und der spanische Fußball international immer noch nichts. Und beides wird sich auch auf absehbare Zeit nicht ändern.
Italien: ich hoffe immer noch. Nämlich, dass sie endlich mal so beleidigt sind, dass sie aus Protest beim nächsten Turnier nicht mehr antreten. Die Schönen im Team rotzen, was das Zeug hält, die Hässlichen knüppeln (der Cattuso gehört doch in eine Klinik, aber unter Aufsicht), die ganze Mannschaft versucht gegen Schweden, wie einst gegen Südkorea, ein 1:0 über die ellenlange Zeit zu retten – und hinterher waren es wie üblich die anderen. Das ist nicht nur eklig, sondern wird auch langsam langweilig. Da nutzte auch der bestgekleidete Trainer aller Zeiten nix mehr. Und bitte: wer sich schon so ein Tor wie das vom Ibrahimovic einschenken lässt, der hat es auch nicht anders verdient. Für mich die größte Lachnummer bei diesem Turnier. Neben uns vielleicht noch.
Frankreich: haha. Geblendet vom ersten Spiel gegen England dachten die, es geht jetzt immer so weiter: wenn’s mal nicht läuft, wird der Schiri schon in der 89. Minute Freistoß geben. Und in der 90. Elfmeter. Ausgebrannt. Wenn schon der Torwart bester Mann während eines Turniers ist, sagt das doch wohl alles. Das Traurige an der französischen Nationalmannschaft dieser Tage lässt sich in einem Satz zusammenfassen: die Niederlage gegen Ottos Beton-Anrührer war verdient.
Schweden: schade. Die hatte wie immer kaum jemand auf der Rechnung, und wie immer konnten sie überzeugen. Mit ein bisschen Glück hätte es auch für die Holländer gereicht, Pfosten und Latte verhinderten dies. Und ein Nationalspieler, der mittels Unterschriftenaktion wieder ins Team zurück geholt wird – das nenn ich mal „Wir sind das Volk"! Denn wie das aussieht, wenn Offizielle mit ihrem untrüglichen Gespür für gute Spieler dieselben zum Rücktritt vom Rücktritt überreden, das wissen wir ja in Deutschland: Effenberg und Matthäus lassen grüßen...
Dänemark: Bela Rethys Lieblings-Betrüger. Mehr dazu weiter unten. Was soll man sonst sagen? Solide Truppe, die wahrscheinlich heute noch rätselt, warum sie gegen Tschechien zwanzig Minuten einschlief. Aber vielleicht war das ja die Hommage von Trainer Olsen an einen seiner alten Vereine? Auch der 1.FC Köln hat es ja in der abgelaufenen Saison nicht geschafft, vier ordentliche Spiele am Stück abzuliefern.
Beide Berichte sind von
www.blutgraetsche.de und sind teilweise etwas ironisch geschrieben, dafür ist die Seite auch u.a. bekannt
