Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet
die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie
arbeiten soll. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer
betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft,
verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und
tyrannisieren ihre Lehrer.
Die Klage über die Frechheit, Begehrlichkeit und Zügellosigkeit der jungen
Leute ist ein Topos, der seit Platon (und schon früher) die Weltliteratur
durchzieht. Bereits um die Wende vom dritten zum zweiten vorchristlichen
Jahrtausend wird in der Inschrift einer ägyptischen Steintafel geklagt, daß
die heutige Jugend kaum noch Respekt vor den Eltern zeige, sie sei von Grund
aus verdorben, voller Ungeduld und ohne jede Selbstbeherrschung; über die
Erfahrungen und Einsichten der Älteren werde gespottet, es seien bedenkliche
Zeiten und man müsse vermuten, daß sich in dem Verhalten der Jugendlichen
Verderben und Untergang des Menschengeschlechtes drohend ankündigten.
Nicht ist der
Vater dem Kind, das Kind dem Vater gewogen... Nicht ist der Bruder lieb, wie
er doch früher gewesen; bald versagen sie selbst den greisen Eltern die
Ehrfurcht.«
Im Alten Testament findet sich beim Propheten Micha die Aussage: »Denn der
Sohn verachtet den Vater, die Tochter steht wider die Mutter, die
Schwiegertochter wider die Schwiegermutter
...die Schüler achten Lehrer und Erzieher gering. Überhaupt,
die Jüngeren stellen sich den Älteren gleich und treten gegen sie auf, in Wort und Tat.«
Aristoteles berichtet: »Was nun zunächst die jungen Leute angeht, so sind sie
heftig in ihrem Begehren und geneigt, das ins Werk zu setzen, wonach ihr
Begehren steht. Von den leiblichen Begierden sind es vorzugsweise die des
Liebesgenusses, denen sie nachgehen, und in diesem Punkt sind sie alle ohne
Selbstbeherrschung. (...) (Sie sind) ...zornmütig und leidenschaftlich
aufwallend in ihrem Zorne. Auch sind sie nicht imstande, ihren Zorn zu
bemeistern, denn aus Ehrgeiz ertragen sie es nicht, sich geringschätzig
behandelt zu sehen, sondern sie empören sich, sobald sie sich beleidigt
glauben. (...) Auch hoffnungsreich sind sie, denn das Feuer, das dem Zecher
der Wein gibt, haben die Jünglinge von der Natur... (...) ...sie tun alles
eben zu sehr, sie lieben zu sehr und hassen zu sehr, und ebenso in allen
anderen Empfindungen.« Und weiter: »Wenn ich die junge Generation anschaue,
verzweifle ich an der Zukunft der Zivilisation.«
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Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß, zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer.
Geändert von BhvGhost (14-10-2003 um 18:12 Uhr).
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