Moschs Einsichten: Weihnachten
Kling Glöckchen, Klingelingeling. Wie zu jedem Jahresende ist es auch jetzt mal wieder so weit: Es wird früher dunkel, man friert sich eine Klinke an den Sack, kein Schnee fällt: Es ist Weihnachten. Nun, Weihnachten ist ein Zeichen für die Geburt Jesu, oder? Nein. Ein kommerzielles Fest, in dem es nur um Geschenke geht? Nein. Die uralte Tradition der Wintersonnenwende? Nein.
Weihnachten ist eine Geisteshaltung, die das Hirn nahezu komplett abschaltet. Wie sonst lässt es sich erklären, dass jeder plötzlich Leute, die er absolut zum kotzen findet, fröhlich in die Arme schliesst? Dass spontan total verdreckte Tannen, die dazu noch nadeln wie Sau, aus dem Wohnzimmerboden wachsen? Dass die Selbstmörderquote an Weihnachten rapide ansteigt? Oh ja, Weihnachten ist etwas wundervolles.
Ein weiterer Effekt von Weihnachten ist die Tatsache, dass die psychischen Fähigkeiten aller Menschen plötzlich umgekehrt proportional zu ihrer rationellen Denkfähigkeit ansteigen. So werden beispielsweise voller Freude und bestem Willen Dinge verschenkt, für die man den echten Weihnachtsmann mit einem Arschtritt wieder durch den Kamin nach oben befördern würde: Socken mit der Aufschrift „Mein Popo juckt“, die originalgetreue Nachbildung eines mittelalterlichen Donnerbalkens inklusive authentischem Geruch, ein Wörterbuch Kantonesisch-Holländisch oder eine islamische Interpretation von „Aschenputtel“. Viel Spass mit dem erzwungenen Grinsen und dem freundlichen Dank, den man geben muss: „Das wird mal nützlich sein!“ oder „Vielen Dank, ich wollte mir schon selber zwei Porzellankätzchen kaufen, die sich gegenseitig anpissen! Wirklich vielen Dank!“
Warum machen sich manche Menschen die Mühe und fragen, ob ich einen Wunsch zu Weihnachten habe? Denn den habe ich: Denkt logisch. Das letzte, was ein achtzehnjähriger, langhaariger Gymnasiast, der Metal hört, braucht, ist ein Löffel aus Steingut.
Jetzt mal im Ernst Mama, was soll ich mit dem Dreck? Egal, ich Danke dir, der wird bestimmt irgendwann mal nützlich sein. Zum Beispiel, wenn ein Ausserirdischer in unserem Garten landet und einen Löffel aus Steingut fordert. Oder so.
Da lobt man sich ja die Einfallslosen, die Geld verschenken: Wenn ich schon die CD „Crimson Thunder“ nicht geschenkt kriege, kann ich mir sie ja selber kaufen.
Hehe.
Des weiteren: Ich liebe Weihnachtskarten. Da kommt dann irgendjemand an und überreicht mir einen Umschlag, drei Zentimeter dick und ein Zwinkern beim Überreichen. Die Phantasie kommt ins Spiel: Wie viel mag da wohl drin sein? 100 Euro? 200? Eine Million? Ein Landhaus in Spanien? Schnell, auf den Umschlag!
Whoa, mein Gott, was ist das? Plötzlich halten wir eine riesige Karte in der Hand, eine dieser Karten, mit denen man nach Süditalien rudern könnte, wenn man sie zu einem Schiffchen falten würde. Auf der Karte befindet sich das Bild eines Tannenbaum in 3D-Effekt; sie ist dreifach gefaltet. Wir falten sie zum erstem mal auf – hey! Ein kleines Musikstück spielt ab: „Stille Nacht, heilige Nacht“ in acht verschiedenen Fassungen, gesungen von einem Gospelchor aus den Bronx, einem Mönchschoral und dem Papst höchstpersönlich, direkt aus dem Vatikan.
Wir lieben diese Karte: Da MUSS einfach viel Geld drin sein!
Erwartungsvoll falten wir ein weitere Mal auf und – joho! Ein Feuerwerk aus ausgemusterten russischen V3-Raketen erhellt den Raum in einem behaglich-romantischen Licht, als Krönung rast ein Sprengkörper mit Urankopf durch das Fenster und detoniert in einiger Höhe, ein Schauspiel höchster Güte.
Inzwischen ist uns klar, dass wir versuchen müssen, eine Ehe mit dieser Karte zu erreichen. Wir malen uns aus, was wir uns alles mit der Knete kaufen werden: Pelzmäntel; einen neuen Computer der höchsten Generation; ein atemberaubendes neues Auto; eine Hifi-Anlage, die von den Genfer Konventionen verboten ist; einen persönlichen Sklaven aus Nordkorea; Luxemburg....
Mit tränenden Augen falten die Karte zum letzen mal auf. Sie ist nun vollständig entfaltet und bietet uns ihre reichen Geheimnisse dar.
„Fröhliche Weihnachten von deinem Onkel und deiner Tante.“
Das war es.
Wo ist das Geld? Wir suchen den Boden ab, vielleicht sind die Tausender ja runtergefallen.... nein, verdammt! WO IST DAS GELD?
Hier nun das Ende der falschen Hoffnungen: Es gibt kein Geld. Noch nicht mal einen negativen Betrag verschenken sie. Wahrscheinlich mussten sie das Haus für die Karte verpfänden aber es gibt sonst kein Geschenk. An etwa dieser Stelle begeben wir uns zum Schredder um die Karte zu vernichten und setzen uns anschliessend alleine in die Ecke, um zu fluchen.
Wenn ihr schon nur eine Karte verschenkt, was durchaus in Ordnung ist, macht nicht auch noch falsche Hoffnungen. Wenn etwas gibt, was ich hasse, dann ist es, wenn meine Illusionen zerstört werden.
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Zitat:
Zitat von Mokus
PS: Das Loch interressiert mich schon seit 7 Jahren
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I ELUCIDATE THE TRUTH OF A CASE FROM NOW ON!
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