Unter Deutschen wird die deutsche Formel sicher bekannter sein, weil sie eben Bestandteil der Nationalhymne ist. Aber frag doch mal im Internet, z.B. im WOL, zehn Nichtdeutsche, ob sie das deutsche und ob sie das französiche Motto kennen. Ich vermute, daß keiner das deutsche, wohl aber einige das französische kennen werden.
Anschließend berichtest du hier.
Ich finde wiederum die 3. Strophe noch die gelungenste, da sie noch einen gewissen freiheitlichen Geist atmet, während die 1. Nationalismus und die 2. Wirtshausseeligkeit ausdrückt. Nicht zufällig ist die 3. deshalb die letzte, denn dadurch hat der Autor wiederum eine Priorität ausgedrückt. Bei den genannten Werten, wobei mich schaudert, Wein, Weib und Gesang als Werte zu nennen, aber so ist es gemeint, steht die Freiheit in dem gesamten Gedicht an letzter Stelle! Auf sie kann also am ehesten verzichtet werden.
Aber auch in der dritten Strophe sind kompliziert-verklausulierte Ausdrücke enthalten, die in einer Hymne, die ja das Gefühl der Sänger ansprechen soll, nichts zu suchen hat. ("Blüh im Glanze dieses Glückes", "sind des Glückes Unterpfand")
Was nun die erste Strophe betrifft so ist "wenn es stets zum Schutz und Trutze brüderlich zusammenhält" als Evokation eines gemeinsamen Volkskrieges gegen eine auswärtige Macht anzusehen, als dessen Modell Fallersleben wohl die Befreiungskriege gesehen hat. Es ist also gemeint, daß Deutschland als territoriales Ganzes zum Schutz seiner hier genannten Grenzen in Kriegshandlungen eintritt. In der Tat hatten gemeinsame Volkskriege (1813, 1870) ja politisch die Wirkung, die Einigungsbewegung bis zum Fanatismus zu stärken, und den Einheitsstaat am Ende auch zu bewirken (1871). Übrigens liegt die Etsch an der österreichisch-italienischen Grenze, Deutsch-Österreich zählt also mit zu diesem Deutschland. Das wollte Fallersleben also dabeihaben, gleichzeitig aber von seinen Kronländern abschneiden. Dieses Vorhaben wurde erst 1938 verwirklicht und darum wird die erste Strophe bei offiziellen Anlässen nicht mehr gesungen.
Ich weiß, daß es die Theorie gibt, daß hiermit nicht gemeint sei, daß Deutschland über allem stehe. Nun, wir können nicht in den Kopf des Verfassers sehen. Aber wir können in den Text sehen und aus dem Text geht dies nicht hervor. Vielmehr impliziert er eben gerade dies. Und die Wirkungsgeschichte zeigt, daß dies von den Benutzern auch so verstanden wurde. Auch ich selber unterstütze diese Theorie nicht und fordere, bevor ich zustimme, ihre Vertreter mögen mir die Gründe nennen, warum dies nur so sein kann. Ich glaube, ihnen werden keine einfallen!
Übrigens ist es keineswegs verboten, alle drei Strophen zu singen. Die Nationalhymne ist in keinem Gesetz bestimmt; vielmehr haben sich Adenauer und Heuss 1952 in einem Briefwechsel auf das Lied der Deutschen als Nationalhymne geeinigt, obwohl Heuss eigentlich eine andere wollte und als Auftragskomposition auch schon hatte fertigstellen lassen. Aber er war ein Weichling und ist in seinem politischen Leben immer eingeknickt, wie 1933, als er dem Ermächtigungsgesetz, seiner Fraktion sich beugend, zustimmte. Adenauer schrieb, daß "bei staatlichen Veranstaltungen" nur die dritte Strophe gesungen werden solle. Das ist alles!