Thema: Iran
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Alt 18-04-2006, 23:01
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Junker Junker ist offline
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Junker ist...
Du solltest schon den Unterschied zwischen offizielle Atommächte und faktische Atommächte kennen, wenn du dich auf so eine Diskussion einlässt. Israel gilt auch als faktische Atommacht und steht offenkundig auf der westlichen Seite oder nicht? Es gibt eben gewisse Bedingungen, um als offizielle Atommacht gelten zu dürfen.

Bush hat Indien noch nicht anerkannt, aber er hat es vor. Die USA sind eine Weltmacht. Und was ist die selbstgestellte Aufgabe einer Weltmacht? Ihre Position zu sichern, zu verteidigen, zu erweitern. Und dies über eine Zeitspanne mehrerer Jahrzehnte hinaus. Die USA wurden binnen 30 Jahren zu einer Weltmacht. Wer wird im Jahre 2100 alles Weltmacht sein?
Die Region von Asien wird bald einem wahren Pulverfass gleichen. Da gilt es soviele und so gute Standorte zu sichern wie nur eben möglich bevor andere Mächte stark genug sind um ihren Einfluss geltend zu machen oder gar vor militärischen Aktionen nicht zurückschrecken.
Zitat:
Die USA werden sich derzeit bewusst, dass sie als einzig verbliebene Hegemonialmacht im pazifischen Dreieck zunehmend auf zwei weitere Konkurrenten mit durchaus globalen Ambitionen stoßen: China und Indien. Beide sind als aufstrebende Weltmächte einzustufen, wenngleich dies noch nicht überall mit dieser Deutlichkeit gesehen wird.

China schickt sich seit geraumer Zeit an, sich im asiatisch-pazifischen Raum zunächst als Regionalmacht zu etablieren. Als wirtschaftliches Schwellenland erhält es – für manche Beobachter inzwischen unverständlich – immer noch Entwicklungshilfe, vor allem aus Japan, doch der rasante Fortschritt mit beeindruckenden Steigerungsraten, Mitgliedschaft in der Welthandelsorganisation und umfangreichen Handelsbeziehungen – mit Schwerpunkt USA – zeigt die zunehmende Bedeutung dieses Landes.

Politisch zunächst auf das unmittelbare regionale Umfeld konzentriert, zeigt China mit dem Antisezessionsgesetz vom 14.3.2005 die harte Linie gegenüber Taiwan, unterstützt durch militärische Dislozierung gegenüber der Insel. In Hinblick auf eine atomwaffenfreie Halbinsel Korea ist es der Sponsor der Sechser-Gespräche über das Atomprogramm Nordkoreas, mit Japan versucht es trotz erheblicher Differenzen die wirtschaftlichen und technologischen Vorteile zu seinen Gunsten zu nutzen. In Zentralasien geht es um die Reduzierung des amerikanischen, vielleicht auch des russischen Einflusses. Hierzu bildet die "Shanghai Cooperation Organization" (SCO) die Grundlage. Mit Russland schloss China Anfang Juni 2005 einen Grenzvertrag, vereinbarte im vergangenen Juli mehrere Energieabkommen und vertiefte die militärische Kooperation. Zuvor einigte es sich am 11.4.2005 mit Indien über ein Abkommen zur Beilegung des langjährigen Grenzstreits; eine Freihandelszone wird anvisiert. In Chinas Blickpunkt standen hier die USA. Mit der ASEAN ist China – wie auch Indien – durch das "Abkommen über Freundschaft und Kooperation in Südostasien" (TAC) vom 8.10.2003 verbunden. Burma (Myanmar) gehört zum unmittelbaren Einflussbereich. Im politisch befreundeten Pakistan wird geostrategisch der Hafen Gwadar ausgebaut.

Das an Energie hungrige China schloss Verträge zur Erdöl- und Erdgaslieferung mit dem Sudan. Dort beteiligt es sich auch an der Exploration, es folgten Verträge mit Iran und Venezuela, mit Russland wurden Lieferungen abgeschlossen. Dort will es ebenfalls an der Exploration teilnehmen. Australien wurde ein Freihandelsabkommen angeboten.

Militärisch strebt China danach, sich mit dem Ausbau seiner Luft- und Seestreitkräfte über den küstennahen Bereich hinaus zu überregionalen Operationen zu befähigen, um der noch übermächtigen amerikanischen Präsenz Paroli bieten zu können. In Washington wird dies mit großer Sorge beobachtet. Die Drohung eines chinesischen Generals, gegen amerikanische Städte Atomwaffen einzusetzen, sollten die USA im Falle eines Kriegs mit Taiwan dieses unterstützen, tat ein übriges.

Indien, mit 1,1 Milliarden Menschen, darunter 150 Millionen Muslime, volksreichste Demokratie, wird im politischen Alltag bisher wenig beachtet. Doch sein jährliches Wirtschaftswachstum ist ernorm, die Steigerungsraten von 7 Prozent in den Jahren 2003/2004 sind beachtlich. Die Computer-Branche boomt, doch bleiben die Probleme Arbeitslosigkeit und Armut immer noch ungelöst. Bereits 2001 vereinbarten die USA und Indien ein Memorandum mit dem Titel "Nächste Schritte der strategischen Partnerschaft". Auch gehört Indien zu den verlässlichsten Partnern der USA im Kampf gegen den Terrorismus.

Am 1.7.2005 schloss Indien mit den USA einen Verteidigungspakt über 10 Jahre, Pakistan monierte dies. Präsident Bush erklärte am 19.7.2005, Indien als Atommacht anerkennen zu wollen und diese Initiative dem US-Kongress vorzulegen. Dies steht zwar im Widerspruch zur Haltung der USA gegenüber der Proliferation à la Nordkorea und Iran, doch geht es hier um geopolitische Grundsatzentscheidungen. Zudem soll die nukleare Kooperation zur friedlichen Nutzung aufgenommen werden. Denn auch in Indien wächst eine große Nachfrage von Energie heran, die wiederum hauptsächlich über den Erdöl- und Erdgasmarkt zu decken sein wird, so durch Verträge mit Iran und Russland; doch gehören dazu auch Atomanlagen. Formal bestehen die Sanktionen gegen Indien wegen seiner Ablehnung des Beitritts zum Nichtverbreitungsvertrag fort, doch dies dürfte sich rasch ändern. Bislang sind Indiens Ambitionen wenig spektakulär, weil kaum offengelegt. Für die amerikanische Administration gilt es, Indien als Gegenpol zu China aufzubauen, sie betrachtet das Land als globalen Partner in der eigenen geopolitischen Strategie.

Noch sind in der Dreiecksbeziehung USA-China-Indien nur einige Pflöcke gesetzt und die politischen, geopolitischen und geostrategischen Leitlinien Chinas und vor allem Indiens nicht im Detail erkennbar. Doch klar ist, dass die USA in beiden aufstrebenden Staaten künftig ein nicht mehr zu unterschätzendes Gewicht in der Weltpolitik erkennen müssen. Sie werden ihre Position neu auszurichten haben und müssen sich auf diese neu heranwachsende Multipolarität einstellen.
Quelle: sipotec
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Verdammt, wurde aber auch Zeit.

Geändert von Junker (18-04-2006 um 23:04 Uhr).
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